Bundesrat zieht sich aus E-Voting zurück

An seiner Sitzung vom 26. Juni 2019 hat der Bundesrat entschieden, vorläufig auf die Überführung der elektronischen Stimmabgabe in den ordentlichen Betrieb zu verzichten. In der Vernehmlassung zur geplanten Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte hat sich die Mehrheit der Teilnehmenden zwar grundsätzlich für E-Voting ausgesprochen. Den Übergang in den ordentlichen Betrieb erachten aber ins- besondere die meisten Parteien als verfrüht. Der Bundesrat hat zudem die Bundeskanzlei beauftragt, die Rahmenbedingungen für den Versuchsbetrieb anzupassen.

Seit 2004 haben insgesamt 15 Kantone über 300 Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe durchgeführt. Im April 2017 hat der Bundesrat die Bundeskanzlei (BK) beauftragt, eine Gesetzesänderung für die Überführung der elektronischen Stimmabgabe in den ordentlichen Betrieb vorzubereiten. Im Dezember 2018 hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur entsprechenden Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (BPR) eröffnet.

Die Teilrevision des BPR würde vorsehen, E-Voting als dritten ordentlichen Stimmkanal festzulegen. Sie würde darauf abzielen, das Zulassungsverfahren für die Kantone zu vereinfachen und gleichzeitig die wichtigsten Anforderungen auf Gesetzesstufe zu regeln, namentlich die Verifizierbarkeit der Stimmabgabe und der Ergebnisermittlung, die Transparenz der Systeme und die Barrierefreiheit. Die Kantone könnten auch nach der Überführung in den ordentlichen Betrieb frei entscheiden, ob sie die elektronische Stimmabgabe einführen wollen oder nicht.

Aus der Vernehmlassung geht hervor, dass eine deutliche Mehrheit der Kantone und der Parteien die Einführung von E-Voting grundsätzlich begrüssen. Die Konferenz der Kantonsregierungen sowie 19 Kantone befürworten die Überführung in den ordentlichen Betrieb. Diejenigen Parteien, die sich grundsätzlich für E-Voting aussprechen, erachten die Zeit jedoch noch nicht als reif für diesen Schritt. Daher hat der Bundesrat beschlossen, vorerst auf die Teilrevision des BPR zu verzichten.

Mit diesem Entscheid trägt der Bundesrat auch den Entwicklungen der vergangenen Monate Rechnung. Einerseits hat der Kanton Genf im November 2018 angekündigt, sein E-Voting-System nicht mehr weiter zu entwickeln und höchstens bis zum Urnengang im Februar 2020 einzusetzen. Andererseits hat die Schweizerische Post im Februar 2019 den Quellcode ihres vollständig verifizierbaren Systems offengelegt und einen Intrusionstest durchgeführt. Nachdem Forschende schwerwiegende Mängel im Quellcode dieses Systems entdeckt hatten, hat die Bundeskanzlei Ende März eine Standortbestimmung angekündigt.

Bericht bis Ende 2020

An seiner Sitzung vom 26. Juni 2019 hat der Bundesrat der Bundeskanzlei ausserdem den Auftrag erteilt, bis Ende 2020 mit den Kantonen eine Neuausrichtung des Versuchsbetriebs zu konzipieren und in einem Bericht darzulegen. Ziel ist der Aufbau eines stabilen Versuchsbetriebs mit Systemen der neusten Generation.

Dazu gehören ein Ausbau der unabhängigen Kontrollen, eine Stärkung von Transparenz und Vertrauen sowie der vermehrte Einbezug der Wissenschaft. Zudem sind die bestehenden Anforderungen und Prozesse zu überprüfen.

Über allfällige Gesuche für den Einsatz der elektronischen Stimmabgabe anlässlich der Nationalratswahlen vom 20. Oktober 2019 wird der Bundesrat – wie schon im Wahljahr 2015 – im August entscheiden.

Quelle: Bundeskanzlei

27.6.2019