6 Milliarden Franken für neue Kampfflugzeuge mit möglicher Volksabstimmung: Der Ständerat stimmt dem Planungsbeschluss zur Beschaffung neuer Kampfjets zu, will aber, dass die Beschaffungen im Ausland zu 100% mit Aufträgen an Unternehmen in der Schweiz kompensiert werden.
Mit 32 gegen 6 Stimmen bei 6 Enthaltungen hat der Ständerat in der Gesamtabstimmung den Planungsbeschluss über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge verabschiedet. Unbestritten blieb dabei, dass die Luftwaffe ihre Flotten ersetzen muss, damit die Armee den Verfassungsauftrag der Landesverteidigung respektive des Schutzes der Schweiz und ihrer Bevölkerung weiterhin erfüllen kann. Die 30 F/A-18 Hornet erreichen um 2030 das Ende ihrer Nutzungsdauer. Die 26 Tiger F-5 sind bereits heute nur tagsüber und bei guten Sichtverhältnissen für den Luftpolizeidienst einsetzbar und wären gegen einen modernen Gegner chancenlos.
Keine Gegenanträge gab es auch zum vom Bundesrat beantragten Finanzvolumen für die Beschaffung der Kampfjets. Dieses soll höchstens 6 Milliarden Franken (Stand Landesindex der Konsumentenpreise Januar 2018) betragen. Laut dem Präsidenten der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates, Josef Dittli (FDP/UR), hatten Änderungen am Finanzrahmen in der Kommission zwar zur Diskussion gestanden, doch wurden entsprechende Anträge zurückgezogen.
Planungsbeschluss ohne Bodluv
Eine Minderheit der SiK beantragte, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen. Dies mit dem Auftrag, auch die bodengestützte Luftverteidigung (Bodluv) in den Planungsbeschluss zu integrieren. Weiter seien die Ziele des gesamten Programms Air2030 inklusive der Erneuerungen des Führungs- und Kommunikationssystems (Projekt C2Air) und der Radarüberwachung (Projekt Radar) darzulegen. Damit könnte das Stimmvolk auch über die Beschaffung eines Bodluv-Systems entscheiden, falls das Referendum ergriffen würde. Einen Planungsbeschluss mit beiden Beschaffungen hatte der Bundesrat zunächst vorgesehen.
Aufgrund der Ergebnisse der Vernehmlassung (Mai bis September 2018) sowie der im Dezember 2018 überwiesenen BDP-Motion, die eine Abstimmung über die grundsätzliche Frage der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge vor der Typenwahl verlangt, sah er aber davon ab. Das neue System zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite soll für maximal 2 Milliarden Franken gemäss dem üblichen Verfahren beschafft werden. Auch der Ständerat ist der Auffassung, die Kampfjetbeschaffung sollte nicht mit anderen Rüstungsbeschaffungen vermischt werden. Mit 30 gegen 13 Stimmen hat er den Rückweisungsantrag abgelehnt.
100 Prozent Offsets
Bei den Offset-Geschäften stellt sich der Ständerat gegen den Antrag des Bundesrats. Er will eine vollständige Kompensation: Ausländische Unternehmen, die im Rahmen der Flugzeugbeschaffung Aufträge erhalten, sollen 100 Prozent des Vertragswertes durch die Vergabe von Aufträgen in der Schweiz kompensieren: 20 Prozent durch direkte Offsets und 40 Prozent durch indirekte Offsets im Bereich der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis sowie 40 Prozent durch indirekte Offsets in den folgenden Branchen: Maschinenindustrie; Metallindustrie; elektronische und elektrotechnische Industrie; optische Industrie; Uhrenindustrie; Fahrzeugbau- /Waggonbau-Industrie; Gummi- und Plastikerzeugnissen; chemische Erzeugnisse; Luft- und Raumfahrt; Informatikindustrie / Software-Engineering; Kooperationen mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Die Mehrheit im Ständerat argumentiert unter anderem, dass nur eine vollständige Kompensationspflicht sicherstelle, dass sich die Wirtschaft in einem Abstimmungskampf geschlossen hinter die Vorlage stelle. Für eine vollständige Kompensation hatte sich namentlich der Verband der Maschinenindustrie Swissmem und der Groupe romand pour le matériel de défense et de sécurité stark gemacht.
Der Bundesrat hatte nach der Vernehmlassung von einer vollständigen Kompensation abgesehen. Nach seinem Willen sollen die Beschaffungen nur zu 60 Prozent kompensiert werden müssen. Er begründet dies damit, dass Offsets die Beschaffung verteuern. Bei einem so grossen Volumen sei es zudem schwierig, die letzten 40 Prozent Offsetgeschäfte zu realisieren, ohne den normalen Handel zu verdrängen. Eine Minderheit der SiK suchte den Kompromiss. Sie beantragte, dass «mindestens» 60 Prozent kompensiert werden müssten. Dieser Antrag wurde mit 27 gegen 17 Stimmen abgelehnt.
Verteilschlüssel verankern
Im Ständerat unbestritten ist, dass alle Landesteile von den Offsetgeschäften profitieren sollen. Er will im Planungsbeschluss einen Verteilschlüssel verankern: Demnach würden 65 Prozent der Geschäfte in der Deutschschweiz kompensiert, 30 Prozent in der Westschweiz und 5 Prozent in der italienischsprachigen Schweiz. Diese Richtwerte nennt auch der Bundesrat in seiner Botschaft zum Planungsbeschluss. Für mehr Verbindlichkeit hatte sich die Regierungskonferenz der Westschweizer Kantone stark gemacht.
Nationalrat am Zug
Mit seinen Entscheiden folgt der Ständerat den Mehrheitsanträgen seiner sicherheitspolitischen Kommission. Diese hatte diverse Organisationen angehört, darunter die Schweizerische Offiziersgesellschaft, Pro Militia, die Gesellschaft für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) und die Association for Swiss Industry Participation in Security and Defence Procurement Programs (Asipro).
Am Zug ist nun der Nationalrat, der die Vorlage in der Winterssession beraten wird. Eine allfällige Referendumsabstimmung ist für den 27. September 2020 vorgesehen. Ende 2020 stehen dann die Typenwahl für neue Kampfflugzeuge und für ein neues System zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite an. Wichtig: Auch wenn das Volk bei einer allfälligen Abstimmung dem Planungsbeschluss für das neue Kampfflugzeug zustimmt, wird der Bundesrat die konkrete Beschaffung von Flugzeugen dem Parlament im Rahmen einer Armeebotschaft vorlegen. Dies ist mit der Armeebotschaft 2022 vorgesehen.
Quelle: VBS
26.9.2019