Mit dem Ziel, die Abläufe der Rüstungsbeschaffungen zu verbessern, hat Bundesrätin Viola Amherd im vergangenen Jahr eine externe Analyse in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse und Empfehlungen der Firma Deloitte AG wie auch einer Begleitgruppe liegen nun vor. Das VBS wird diese schrittweise umsetzen und die Abläufe bei Rüstungsbeschaffungen weiter verbessern. Dabei soll die Rolle des Parlamentes bei der strategischen Ausrichtung der Armee gestärkt werden.
Die Chefin VBS, Bundesrätin Viola Amherd, hat sich zum Ziel gesetzt, die Abläufe der Rüstungsbeschaffungen zu verbessern. Nach einer ersten internen Analyse im vergangenen Jahr hat sie dazu im Herbst 2019 eine externe Analyse in Auftrag gegeben. Es ging darum zu prüfen, ob und wie sich die Beschaffungsprozesse verbessern lassen. Vor allem bei Rüstungsmaterial mit hohem IT-Anteil besteht die Gefahr, dass Systeme bereits veraltet sind, wenn sie bei der Truppe eingeführt werden.
Breit abgestützte externe Analyse
Die externe Analyse erfolgte zum einen durch die Firma Deloitte AG. Sie gehört zu den stärksten Management- und Strategieberatungsunternehmen weltweit und ist auch im internationalen Vergleich eine Expertin im Bereich Rüstungsbeschaffung. Deloitte AG legte einen Bericht mit drei Schlüssel- und fünf weiteren Empfehlungen vor.
Zum anderen reflektierte eine aus externen Vertretern bestehende Begleitgruppe die Ergebnisse von Deloitte AG und gab ebenfalls Empfehlungen ab. Diese Gruppe bestand aus alt Nationalrat Adrian Amstutz, Korpskommandant ausser Dienst Dominique Andrey, Armin Berchtold (CEO Securitas Gruppe und Vizepräsident Rüstungskommission), alt Nationalrätin Corina Eichenberger, Fritz Gantert (Präsident Schweizerische Gesellschaft für Technik und Armee), Lukas Hupfer (Geschäftsführer Think Tank foraus) und Prof. Dr. Andreas Wenger (Direktor CSS ETHZ).
Schrittweise Umsetzung in Auftrag gegeben
Die Ergebnisse und Empfehlungen von Deloitte AG und der Begleitgruppe zeigen insgesamt, dass in den heutigen Prozessen vieles gut läuft, auch im internationalen Vergleich. Gleichzeitig legt die Analyse dar, dass sich die heutigen Beschaffungsabläufe insbesondere mit Blick auf Zeit, Qualität und Kosten effizienter gestalten lassen.
Die Chefin VBS hat nun den Auftrag erteilt, die Umsetzung dieser Empfehlungen in den kommenden Monaten zu realisieren.
Strategische Rolle des Parlamentes wird gestärkt
Eine der Schlüsselempfehlungen von Deloitte AG, die auch von der Begleitgruppe vollumfänglich unterstützt wird, will die Rolle des Parlamentes bei der strategischen Ausrichtung der Armee stärken. Im aktuellen Modell beantragt der Bundesrat jedes Jahr mit der Armeebotschaft beim Parlament Verpflichtungskredite für beschaffungsreife Rüstungsgüter.
Stattdessen soll der Bundesrat das Parlament in Zukunft auf einer übergeordneten Ebene stärker einbeziehen. Konkret soll sich das Parlament einmal pro Legislatur mit der Frage befassen, wie die Armee ihre Aufträge mittel- bis längerfristig erfüllen soll, dies zusammen mit dem Zahlungsrahmen und für jeweils vier Jahre. Die Oberaufsicht bleibt gewahrt, denn das Parlament kann sich im Rahmen des jährlichen Voranschlags mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan weiterhin zu den Beschaffungen einbringen.
Diese Anpassung stärkt das Parlament in seiner Rolle, die mittel- bis längerfristige Ausrichtung der Armee strategisch zu steuern. Zudem erhöht ein solcher Ansatz die Flexibilität und Agilität bei den Beschaffungsprojekten.
Ein solcher Wandel lässt sich nur schrittweise und in engem Austausch mit den zuständigen parlamentarischen Kommissionen umsetzen. Ein erster Austausch mit den sicherheitspolitischen Kommissionen hat bereits stattgefunden. Je nach Resultat der weiteren Gespräche könnte der Bundesrat im Hinblick auf die Legislatur 2023 bis 2027 erstmals eine Botschaft über die Ausrichtung der Armee präsentieren.
Besserer Überblick über die einzelnen Projekte
Die beiden weiteren Schlüsselempfehlungen von Deloitte AG lassen sich VBS-intern umsetzen. Dabei geht es darum, dass die Beschaffungsprojekte besser als mit den heutigen Koordinationsorganen zwischen der Gruppe Verteidigung und armasuisse gesteuert werden. Dazu braucht es einen besseren Überblick über die laufenden, oftmals voneinander abhängigen Projekte.
Zudem werden die Organisationseinheiten, die das Gut oder das System einsetzen, stärker in die Pflicht genommen, nachdem die Vorhaben bewilligt sind. Indem sie mehr Verantwortung übernehmen, stellen sie sicher, dass die Projekte inhaltlich, zeitlich und finanziell so umgesetzt werden, wie sie geplant wurden. Damit lassen sich die Projektziele erfolgreich umsetzen.
Weiterführende Informationen
Bericht Deloitte AG: Projekt «Beschaffungen VBS» - Bericht zuhanden des Generalsekretariats VBS
Empfehlungen der Begleitgruppe zum Projekt "Analyse des Beschaffungsablaufs im VBS"
Quelle: Schweizer Armee
18.6.2020
BR Amherd: Verbesserung der Abläufe bei Rüstungsbeschaffungen
Mehr Kompetenzen für Armee – Brisante Änderungen bei Rüstungsbeschaffungen geplant
Das Parlament soll künftig nicht mehr jedes Jahr über einzelne Rüstungsvorhaben entscheiden können. Neu sollen National- und Ständerat nur noch alle vier Jahre grob definieren können, welche Materiallücken die Armee schliessen soll.
Einmal im Jahr geht es im Parlament darum, was auf der Einkaufsliste der Armee stehen darf: bei der Beratung des Rüstungsprogramms im Rahmen der Armeebotschaft. National- und Ständerat können so festlegen, welche konkreten Rüstungsgüter beschafft werden sollen.
Verteidigungsministerin Viola Amherd will das nun ändern. Nur noch das grosse Ganze und nicht mehr einzelne Projekte sollen dem Parlament unterbreitet werden. Alle vier Jahre würden die Räte demnach definieren, mit welchen Fähigkeiten die Armee für die nächsten 8 bis 12 Jahre grundsätzlich ausgestattet wird.
Parallel dazu sollen die beiden Ratskammern – wie bisher – den vierjährigen Zahlungsrahmen für die Armee genehmigen. Das Verteidigungsdepartement und die Armeeführung könnten dann selber definieren, was mit dem Geld konkret geschieht. «Das Parlament muss die grossen strategischen Fragen klären», so Bundesrätin Amherd. «Und diese wird es mit diesem Modell viel besser steuern können.»
Empfehlungen von Beratungsfirma
Die Verteidigungsministerin stützt sich auf Empfehlungen der Beratungsfirma Deloitte, die in ihrem Auftrag einen Bericht zu den Rüstungsbeschaffungen erstellt hat. Dieser kommt zum Schluss, dass Beschaffungsprozesse vereinfacht und beschleunigt werden könnten, wenn das Parlament nicht mehr jedes einzelne Vorhaben absegnet. Amherd sagt es so: «Durch die vielen auch Details, die heute im Parlament diskutiert werden, geht manchmal der Blick für das Grosse und Ganze verloren.»
Damit das Parlament nicht ganz ausgeschaltet wird, möchte die Verteidigungsministerin es im Halbjahresrhythmus mit Berichten darüber informieren, welche Beschaffungen gerade am Laufen sind. Bei der Beratung des jährlichen Armeebudgets könne das Parlament ja dann nachträglich immer noch Korrekturen vornehmen, sagt Amherd. Mit anderen Worten: Rüstungsbeschaffungen könnten vom Parlament abgebrochen werden, wenn aus seiner Sicht etwas schiefläuft.
Eine Begleitgruppe mit dem ehemaligen SVP-Nationalrat Adrian Amstutz, die den Deloitte-Bericht unter die Lupe genommen hat, begrüsst die Änderung. Ehrlicherweise müsse man sagen, dass das Parlament nicht entscheiden könne, welcher konkrete Panzertyp nun der richtige sei, meint Amstutz: «Es käme auch keinem Parlamentarier in den Sinn, der SBB vorzuschlagen, welcher Lokomotivtyp der geeignete wäre und darüber noch eine Volksabstimmung abzuhalten.»
Umsetzungsplan wird ausgearbeitet
Aber kommt das neue Modell nicht einer Entmachtung des Parlaments gleich? Bundesrätin Amherd widerspricht vehement und bringt das Beispiel der Kampfstiefel: «Ich denke, dass es nicht im Interesse des Parlaments ist, eine Stiefelmarke auszuwählen. Das ist eigentlich – sage ich mal – unter der Würde des Parlaments.»
Noch ist die Änderung nicht definitiv. Amherd will bis im Herbst einen konkreten Umsetzungsplan für das neue Modell und weitere Empfehlungen des Deloitte-Berichts ausarbeiten. Die sicherheitspolitischen Kommissionen und die Finanzkommissionen beider Räte sollen sich noch dazu äussern dürfen. Umsetzen könnte die Verteidigungsministerin die Pläne aber eigenständig – eine Zustimmung des Parlaments ist nicht nötig.
Quelle: SRF
18.6.2020