Die Schweizer Bevölkerung stimmt am 27. September 2020 über die Volksinitiative "Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)" ab. Die Initiative verlangt das Ende der Personenfreizügigkeit mit der EU. Eine Annahme hätte schwerwiegende Folgen für die Arbeitsplätze und den Wohlstand in der Schweiz - dies zu einem Zeitpunkt, in dem die Wirtschaft Stabilität und Perspektiven braucht.
An der Medienkonferenz vom 22. Juni 2020 sprach sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter gemeinsam mit Vertretern der Sozialpartner für ein Nein zur Initiative aus. Die Abstimmung war ursprünglich am 17. Mai vorgesehen, musste dann jedoch aufgrund der Coronakrise verschoben werden.
Das Wichtigste in Kürze:
Bundesrat, Parlament, Kantone und Sozialpartner lehnen die Begrenzungsinitiative klar ab. Die Initiative gefährdet den bewährten bilateralen Weg der Schweiz mit der EU und setzt unseren Wohlstand aufs Spiel.
Auch wegen der Coronakrise sind gerade exportorientierte Unternehmen auf einen weitgehend diskriminierungsfreien Zugang zum wichtigsten Absatzmarkt angewiesen.
Der Bundesrat will nur so viel Zuwanderung wie nötig. Er unterstützt und fördert deshalb gezielt das inländische Arbeitskräftepotenzial mit verschiedenen Massnahmen.
In der Abstimmung am 27. September geht es nicht nur um die Personenfreizügigkeit, betonte die Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), Bundesrätin Keller-Sutter, am Montag vor den Medien. Als Teil der Bilateralen I ist das Freizügigkeitsabkommen eng mit sechs weiteren, für die Wirtschaft zentrale Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) verknüpft. Es stehe deshalb der bewährte bilaterale Weg mit der EU auf dem Spiel.
Die Schweiz geht in Europa einen eigenständigen Weg. Es ist ihr gelungen, speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Verträge mit ihrer wichtigsten Handelspartnerin abzuschliessen. Sie sind der Kern des bilateralen Wegs und sie regeln im Wesentlichen den Zugang zum EU-Binnenmarkt. Von diesen guten und stabilen Beziehungen profitiert die Schweiz in vielfältiger Weise. Dank den bilateralen Verträgen mit der EU haben die Schweizer Unternehmen, insbesondere die KMU, einen direkten Zugang zu ihrem wichtigsten Markt. Ohne diesen Zugang wären sie weniger konkurrenzfähig und der Handel mit der EU wäre erschwert.
Perspektive aus der Krise
Bundesrätin Keller-Sutter hob hervor, dass die Schweizer Volkswirtschaft auch wegen des bilateralen Weges vor der Corona-Krise hervorragend aufgestellt und die Arbeitslosigkeit tief war. Es gebe deshalb nun ein gemeinsames Ziel: "Die Wirtschaft soll sich jetzt so rasch wie möglich erholen können und so konkurrenzfähig werden wie vor der Krise. Es geht darum, unsere Arbeitsplätze und damit unseren Wohlstand zu sichern." Dazu bräuchten die Unternehmen Stabilität und sicher keine riskanten Experimente", sagte Karin Keller-Sutter.
Kontrollierte Zuwanderung
Der Bundesrat will nur so viel Zuwanderung wie nötig. Er unterstützt und fördert deshalb das inländische Arbeitskräftepotenzial gezielt mit verschiedenen Massnahmen. So können sich beispielsweise Stellensuchende dank der Stellenmeldepflicht in Berufen mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit mit einem zeitlichen Vorsprung auf freie Stellen bewerben. In Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern hat der Bundesrat weitere Massnahmen beschlossen, mit denen die Chancen insbesondere von älteren Personen auf dem Arbeitsmarkt erhöht werden, zum Beispiel mit Job-Coaching oder gezielter Aus- und Weiterbildung. Und schliesslich hat auch das Parlament in der Sommersession beschlossen, ausgesteuerten Arbeitslosen über 60 Jahre, die lange gearbeitet und wenig Vermögen haben, bis zur Pensionierung eine existenzsichernde Überbrückungsleistung zu gewähren.
Sozialpartner stehen hinter dem Bilateralen Weg
An der Medienkonferenz sprachen sich auch vier Vertreter der Sozialpartner für ein Nein zur Begrenzungsinitiative aus.
Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands, wies in der Medienkonferenz darauf hin, dass sich gerade in der Corona-Krise die Systemrelevanz der KMU gezeigt habe. Es sei deshalb unverantwortlich den KMU den Zugang zu einem wichtigen Fachkräftepool zu verbauen. Auch der Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, Valentin Vogt, unterstrich die Bedeutung der Bilateralen Verträge mit der EU: "Seit Einführung der Bilateralen Verträge haben in der Schweiz nicht nur die Reallöhne signifikant zugenommen, sondern es wurden auch deutlich mehr Arbeitsplätze für Einheimische geschaffen."
Seitens der Gewerkschaften, betonte Nationalrat Pierre-Yves Maillard, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB): "Das eigentliche Ziel der Initiative ist nicht die Begrenzung der Einwanderung, sondern die Deregulierung der Arbeitsbedingungen und der Druck auf die Löhne." Der Präsident von Travail.Suisse, Adrian Wüthrich, findet: "Die Kündigungsinitiative ist arbeitnehmerfeindlich, weil mit der Aufhebung der Personenfreizügigkeit auch die flankierenden Massnahmen und damit der Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen aufs Spiel gesetzt würden. Zudem gefährdet die Initiative Arbeitsplätze und verlangsamt die wirtschaftliche Erholung nach Corona."
Themenseite: Begrenzungsinitiative – Bundesrat will Personenfreizügigkeit nicht kündigen
Quelle: Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement
23.6.2020