Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI und der ETH Zürich haben eine Mikromaschine entwickelt, die unterschiedliche Aktionen ausführen kann. Dafür werden zuerst Nanomagnete in Bauteilen des Mikroroboters magnetisch programmiert und die verschiedenen Bewegungen dann durch Magnetfelder gesteuert. Solche nur wenige Mikrometer messende Maschinen könnten beispielsweise im menschlichen Körper eingesetzt werden, um kleine Operationen durchzuführen. Ihre Ergebnisse veröffentlichen die Forschenden nun im Wissenschaftsmagazin Nature.
Der nur wenige Mikrometer messende Roboter erinnert an einen mithilfe der japanischen Faltkunst hergestellten Papiervogel. Doch anders als ein Papiergebilde bewegt sich der Roboter wie von Geisterhand, ohne dass eine sichtbare Kraft auf ihn einwirkt. Er schlägt mit den Flügeln oder krümmt seinen Hals und zieht seinen Kopf ein. Möglich sind diese Aktionen durch Magnetismus.
Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI und der ETH Zürich haben die Mikromaschine unter anderem aus Materialien zusammengesetzt, die kleine Nanomagnete enthalten. Diese Nanomagnete können so programmiert werden, dass sie eine bestimmte magnetische Ausrichtung annehmen. Wenn die programmierten Nanomagnete dann einem Magnetfeld ausgesetzt werden, wirken spezifische Kräfte auf sie. Befinden sich diese Magnete in flexiblen Bauteilen, dann führen die auf sie wirkenden Kräfte zu einer Bewegung.
Nanomagnete programmieren
Die Nanomagnete lassen sich immer wieder neu programmieren. Das führt zu jeweils unterschiedlichen Kräften, die auf die Konstruktion wirken, und neuen Bewegungen.
Für den Bau des Mikroroboters platzierten die Forschenden Reihen von Kobaltmagneten auf dünnen Schichten von Siliziumnitrid. Der «Vogel» aus diesem Material konnte verschiedene Bewegungen ausführen, beispielsweise flattern, rütteln, sich umdrehen oder zur Seite gleiten.
«Diese Bewegungen des Mikroroboters spielen sich im Bereich von Millisekunden ab», sagt Laura Heyderman, Leiterin des Labors für Multiskalen Materialien Experimente am PSI und Professorin an der ETH Zürich. «Das Programmieren der Nanomagnete geschieht dagegen innerhalb weniger Nanosekunden.» Das ermöglicht, unterschiedliche Bewegungen zu programmieren. Bezogen auf das Modell des Mikrovogels bedeutet das, dass man ihn beispielsweise zunächst flattern, anschliessend zur Seite gleiten und dann wieder flattern lassen kann. «Wenn nötig, könnte man ihn dazwischen auch mal rütteln lassen», sagt Heyderman.
Intelligente Mikroroboter
Laura Heyderman (links) und Tian-Yun Huang (Mitte) betrachten ein Modell des Origami-Vogels, während Jizhai Cui den echten Mikroroboter unter einem Mikroskop beobachtet. Was er dort sehen kann, zeigt das Video, das die Forschenden gemacht haben. Foto: Paul Scherrer Institut / Mahir Dzambegovic
Intelligente Mikroroboter
Dieses neuartige Konzept ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Mikro- und Nanorobotern, die nicht nur Informationen für eine einzelne bestimmte Aktion speichern, sondern immer wieder neu programmiert werden können, um verschiedene Aufgaben zu erfüllen. «Es ist vorstellbar, dass in der Zukunft eine autonome Mikromaschine durch menschliche Blutgefässe navigiert und biomedizinische Aufgaben wie das Abtöten von Krebszellen übernimmt», erklärt Bradley Nelson, Leiter des Departments Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH Zürich.
«Andere Einsatzgebiete sind denkbar, zum Beispiel flexible Mikroelektronik oder Mikrolinsen, die ihre optischen Eigenschaften verändern», sagt Tian-Yun Huang, Forscher am Institut für Robotik und Intelligente Systeme der ETH Zürich.
Darüber hinaus sind Anwendungen möglich, bei denen sich die Eigenarten von Oberflächen verändern. «Beispielsweise könnten damit Oberflächen geschaffen werden, die je nach Bedarf entweder von Wasser benetzt werden oder Wasser abweisen», sagt Jizhai Cui, Ingenieur und Forscher im Labor für Mesoskopische Systeme von Laura Heyderman am PSI.
Ihre Ergebnisse veröffentlichen die Forschenden nun im Wissenschaftsmagazin Nature.
Quelle: Paul Scherrer Institut / Sebastian Jutzi
7.11.2019.2019
Über das PSI
Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Energie und Umwelt sowie Mensch und Gesundheit. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 2100 Mitarbeitende, das damit das grösste Forschungsinstitut der Schweiz ist. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 407 Mio. Das PSI ist Teil des ETH-Bereichs, dem auch die ETH Zürich und die ETH Lausanne angehören sowie die Forschungsinstitute Eawag, Empa und WSL.
Originalveröffentlichung
Nanomagnetic Encoding of Shape-morphing Micromachines
Jizhai Cui, Tian-Yun Huang, Zhaochu Luo, Paolo Testa, Hongri Gu, Xiang-Zhong Chen, Bradley J. Nelson, Laura J. Heyderman
Nature, 06.11.2019